Das schwebende Haus von Telc

E.ON:

Was waren Ihre Beweggründe für den Bau eines Passivhauses?

Jiri Ondracek:

Zum ersten Mal ist mir solch ein Haus aufgefallen, als ich in Australien lebte. Die australischen Häuser sind oft auf Säulen gebaut und haben eine tolle Terrasse, wo die Menschen dann den Großteil des Jahres verbringen. Also habe ich mir das Ziel gesetzt, ein modernes und zugleich ökologisches Haus zu konstruieren. Und zwar genau hier – und das, obwohl die Gefahr bestand, dass mein Haus in eine historische Stadt wie Telc nicht hinpassen könnte.

waterfall house
Knoten fest ziehen
Klare Sicht voraus

Denken Sie, dass Ihr Haus von manchen Anwohnern nicht geschätzt wird?

Ich denke schon. Die jüngere Generation hat nichts dagegen, während die älteren Bewohner das Haus teilweise als eher befremdlich empfinden. Als ich anfing zu bauen hat mich jeder so angesehen, als sei ich verrückt. Aber nach einer Weile realisierten die Menschen, dass diese Art von Haus eventuell einfach die Zukunft des Wohnens sein könnte. Passive Häuser sind eine wirklich tolle Sache und die Leute beginnen das auch zunehmend so zu sehen.

Das Gebäude wirkt ja eher unkonventionell. Wie ist das Haus aufgebaut? 

Ich habe mir viele Gedanken gemacht und merkte, dass ein passives Haus die einzige Möglichkeit ist, die mir alles bietet was ich will. Die Idee ein Haus auf Säulen zu bauen hat mich besonders überzeugt, weil ich so jederzeit die Möglichkeit sowohl oberhalb als auch unterhalb meines Hauses weiter anzubauen. Zum Beispiel plane ich bald am Dach noch weiter auszubauen. Im Moment besteht das Haus aus einem Wohnzimmer, einer Küche und dem dazugehörigen Esszimmer, einem Schlafzimmer, zwei Kinderzimmern und zwei Bädern. Die gesamte Fläche des Hauses beträgt ungefähr 90 Quadratmeter. Die Terrasse ist insgesamt weitere 30 Quadratmeter groß und ist von jedem Raum des Hauses zugänglich. Von der Küche aus hat man auch noch Zugang zu einem kleinen Balkon mit tollem Ausblick auf den Kirchturm der Stadt.

Was ist das Besondere in Sachen Energieeffizienz an Ihrem Haus?

Beim Strom plane ich die Installation von Solarzellen auf dem Hausdach. Dafür steht sogar schon alles bereit. Ich muss die Solarzellen nur noch anbringen. Durch die passive Glasoberfläche gelangt schon viel Wärme direkt in das Haus. Die Ausrichtung nach Süden und direkte Sonneneinstrahlung wirkt sich auch noch einmal positiv auf die Wärme im Wohnraum aus. Das Wasser für die alltägliche Nutzung können wir entweder direkt in die Heizkörper leiten oder aber an der Heizstelle erwärmen. Nach nur vier Stunden Heizen haben wir genug heißes Wasser um die nächsten zwei tage zu duschen.

Wie oft nutzen Sie Ihren Ofen?

Während viele Leute den ganzen Winter über heizen, nutzen wir den Ofen einmal alle drei Tage. Mehr brauchen wir einfach nicht. Wir müssen nicht einmal bei Außentemperaturen von minus 20 Grad heizen, da die Sonne uns trotzdem mit ausreichend Wärme versorgt. Es ist wesentlich schlimmer für uns, wenn es um die 0 Grad ist und es dazu noch bewölkt ist – dann müssen auch wir den Ofen anmachen. Im Laufe eines Jahres verbrauche ich für gewöhnlich einen Kubikmeter Holz. Der Winter ist nicht schlimm für mich, aber ich bevorzuge dennoch die warmen Sommertage.

Können Sie Ihr Haus auch vor direkter Sonneneinstrahlung schützen?

Wir können die Temperatur gegebenenfalls mithilfe einer Klimaanlage regulieren. Wenn die Sonne aber sehr hoch steht, wird die Terrasse von einem kleinen Dach geschützt.

Wie teuer war der Bau des Hauses und wie lange hat es gedauert?

Der gesamte Bau hat mich ungefähr 2,5 Millionen Tschechische Kronen gekostet. Hätte ich das Haus aber nicht selber gebaut, wäre es wesentlich teurer geworden. Das habe ich jedoch auch meinen hilfsbereiten Freunde zu verdanken, ohne die das Haus niemals fertig geworden wäre. Ich wurde aber auch zusätzlich vom Zentrum für Passivhäuser bei der Umsetzung unterstützt. Hätte ich den Auftrag an eine Baufirma übergeben, wäre das gesamte Haus innerhalb eines Monats fertiggestellt gewesen. Ich habe jetzt drei Jahre gebraucht, aber es war mir einfach wichtiger den kompletten Ablauf mitzuerleben und das Haus mit eigenen Händen gebaut zu haben. Zu wissen, dass wirklich alles nach Plan läuft, ist aus der Sicht eines Architekten auch sehr angenehm.

Sind während des Hausbaus auch Probleme aufgetreten?

Es sind wesentlich mehr Probleme im bürokratischen Sinne aufgetreten als bei dem eigentlichen Hausbau. Die lokalen Naturschützer taten sich schwer das Projekt zu genehmigen, während die Leute von der Baubehörde sehr entgegenkommend und professionell im Umgang waren. Und wenn es doch mal zu einem Problem kam, war immer ein Freund in der Nähe, der mir half voranzukommen. Die Arbeit mit Holz hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht, da ich persönlich kein Backsteinhaus haben wollen würde. Man muss aber auch dazu sagen, dass wir mindestens 30.000 Schrauben und 20.000 Nägel für den Bau verbraucht haben.

Besteht auch bei Ihren Kunden das Interesse an solch einem Haus?

Ja, definitiv. Ich habe schon an einigen Passivhäusern mitgearbeitet. Momentan bin ich an einem tollen Hausbau oberhalb eines Sees beschäftigt. Das Haus ist auch schon fast fertiggestellt. Ansonsten sind aber auch noch andere Projekte in Planung.

Waterfall house
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